Eine Delegiertenversammlung im Zeichen des Wandels

Neues wagen, Bestehendes hinterfragen: An der 27. Delegiertenversammlung der Mobility Genossenschaft verrieten die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat, wie sich die Carsharing-Pionierin den Herausforderungen der Zukunft stellen will.

Text   Daniel Schriber

30.04.2024

  • Mobility

Dass Roland Lötscher mit Drive unterwegs ist, wissen alle, die schon mal mit ihm zu tun hatten. Als der Mobility-CEO nach seinem Jahresrückblick das Rednerpult verliess, um auf dem - natürlich - roten Sessel daneben Platz zu nehmen, wurde der dynamische CEO überrascht: Sein Sessel rollte unverhofft los. Doch die Szene, die nicht nur Lötscher, sondern auch die 145 Delegierten zum Schmunzeln brachte, passt gut zu Mobility: Das Unternehmen befindet sich seit seiner Gründung vor über 32 Jahren immerzu in Bewegung. 

Lötscher verwendete eine Metapher aus einem anderen Mobilitätsbereich, mit der sicher der CEO in seiner Freizeit gerne beschäftigt: aus der Segelschifffahrt. «Wenn der Wind dreht, müssen die Segel angepasst werden, um den Kurs zu halten. Ansonsten wird das Boot langsamer, unruhiger – und kentert im schlimmsten Fall.» Übersetzt in die Welt von Mobility bedeutet dies laut Lötscher: «Wir müssen Bestehendes hinterfragen, Neues wagen und ausprobieren.»

CEO Roland Lötscher will Mobility fit für die Zukunft machen.

Breite Abstützung als wertvolle Ressource

Innovative Projekte wie beispielsweise der im vergangenen Sommer getestete Ridepooling-Service «I&any» oder das Pilotprojekt «V2X Suisse mögen wirtschaftlich (noch) nicht rentieren – für Mobility sind sie trotzdem von grosser Bedeutung. Die Pionierrolle trägt massgeblich zur Identität von Mobilität bei und wird von den Delegierten geschätzt und erwartet. Von Arnold Aders zum Beispiel. Das Mitglied der Sektion Schaffhausen engagierte sich während vieler Jahre als Delegierter und war dieses Mal als Ersatzdelegierter dabei. Was der 73-Jährige besonders schätzt, ist der konstruktive Austausch zwischen der Verwaltung und der Basis. Das genossenschaftliche Modell werde nicht nur gut verkauft, sondern auf eindrückliche Weise gelebt. Aus gutem Grund, wie der langjährige Mobility-Nutzer vermutet: «Die Unternehmensführung betrachtet die breite Abstützung offensichtlich als wertvolle Ressource für die Genossenschaft. Zu Recht!»

Was die Mobility-Genossenschaft weiter auszeichnet, ist ihre Vielfalt. Hier der 73-jährige Pensionär aus Schaffhausen, dort die 27-jährige Doktorandin aus Basel. «Ich wurde durch meinen Vater politisiert», sagt Lea Bachmann. Als Mobility vor einigen Jahren seine Preispolitik anpasste, entschieden sich Vater und Tochter gemeinsam, an einer Sektionsversammlung teilzunehmen. Und siehe da: Heute leitet das Gespann die Sektion Basel. Lea «opfert» den ersten sonnigen Samstag seit Langem gerne für Mobility. «An der DV werden hochaktuelle Themen diskutiert, die unsere gesamte Gesellschaft beeinflussen.»

Genossenschaftsstrukturen werden modernisiert

Die «immer schneller werdenden Veränderungen» sowie die «Unberechenbarkeit verschiedener Faktoren» erwähnte auch Verwaltungsratspräsident Markus Mahler – um dann augenzwinkernd hinzuzufügen: «Ich glaube mittlerweile sagen wir jedes Jahr, es war kein einfaches Jahr. Jüngere Leute würden vielleicht sagen, dass wir halt alt werden.» Und doch stimmt es natürlich: Kriege, Krisen, Klimawandel – das fordert im weitesten Sinne auch Mobility. «Mit einem neuen Pricing, einer neuen App und weiteren Veränderungen sind wir anpassungsfähig geblieben», betonte Mahler. Darüber hinaus sei das Unternehmen daran, die Genossenschaftsstrukturen zu modernisieren.

Wie wird sich die Mobilität morgen und übermorgen verändern? Und welche Rolle spielt dabei Carsharing? Weil es unter den 145 Delegierten niemanden gibt, der den Blick in die Glaskugel beherrscht, lieferte Cathérine Hartmann wertvolle Hinweise. Die Umweltpsychologin der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften eröffnete den Nachmittag mit ihrem Referat zum Thema «Verhaltensänderung im Kontext von Mobilität und Wandel». Erfahre im Interview, weshalb wir alle noch nicht genug für die Umwelt tun.

Hartmanns Vortrag war einer von vielen Höhepunkten der DV. Es war eine Versammlung, in der nicht nur viele Fragen der Aktualität behandelt, sondern auch ein Blick in die Zukunft gewagt wurde. Eine Zukunft, der sich Mobility selbstbewusst stellen darf. Oder um es in den Worten von Verwaltungsratspräsident Mahler zu formulieren: «Wir wollen unsere Chance nutzen, um unseren starken Brand noch stärker zu machen. Das braucht Mut, Veränderbarkeit, Beharrlichkeit und Geduld. Aber vor allem braucht es eine tolle Zusammenarbeit – und diese haben wir im Moment zweifellos.»

Gast-Referentin Cathérine Hartmann gibt Einblicke in die Nachhaltigkeitspsychologie.

Verwaltungsrat: Matthias Wunderlin folgt auf Rolf Georg Schmid

Nach der maximal erreichten Amtsdauer von zwölf Jahren verabschiedet sich Rolf Georg Schmid aus dem Verwaltungsrat von Mobility. Verwaltungsratspräsident Markus Mahler würdigte Schmid in einer charmanten Laudatio und lobte ihn etwa für seine «grosse Fähigkeit der klaren Worte und der direkten Fragen». Zum Abschied ernannte der Präsident den abtretenden Kollegen kurzerhand zum Ritter. Der neue Besitzer eines kleinen Landstücks im Fürstentum Sealand (GB) darf sich ab sofort «Sir» nennen. 

Als Ersatz für den abtretenden Schmid stellten sich Markus Naef (Jg. 1969) und Matthias Wunderlin (Jg. 1973) zur Wahl. Letzterer machte mit 88 zu 57 Stimmen das Rennen und darf sich neu Verwaltungsrat von Mobility nennen. Die übrigen Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte Markus Mahler, Carol Chisholm, Rebecca Karbaumer und Raoul Stöckle wurden wiedergewählt.

Wer teilt, hat mehr - aber wovon genau? Das wollten wir anlässlich der 27. Delegiertenversammlung der Mobility Genossenschaft von den Anwesenden wissen. Hier geht es zum Video.

Fotos: Patrick Besch

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