Bio. Logisch? Eine Übersicht im Labeldschungel

Immer mehr Menschen setzen auf Produkte, die mit dem Bio-Label gekennzeichnet sind. Nur: Warum gibt es von diesen Labels so viele? Und worin liegen die Unterschiede?

Ein gesundes Leben fängt mit der Ernährung an. Und es ist durchaus erfreulich, dass immer mehr Grossverteiler Lebensmittel anbieten, die nach «bio» (mehr dazu siehe hier), nach «Natur» klingen oder zumindest so aussehen. Doch bei genauerem Hinsehen wird die Sache mit den Bio-Lebensmitteln schnell komplex. Der Versuch einer Übersicht.

Welche Arten von Labeln gibt es überhaupt?

Nebst Labeln, die für eine ganze Reihe von Produkten gelten (wie die Knospe oder Demeter), gibt es solche, die nur für einzelne Produktkategorien verwendet werden (etwa Delinat für Wein, fidelio für Fleisch oder Soyana für pflanzliche Produkte). Andere Labels wiederum sind regional (RegioFair, Gran Alpin).

Wer vergibt die Bio-Labels?

Einerseits können Staaten Bio-Labels vergeben: Frankreich, Deutschland oder Dänemark zum Beispiel haben je ein eigenes. Auch die EU als Staatenverbund vergibt ein Bio-Labels. Die Schweiz hat kein staatliches Bio-Label: Hier werden Labels von Privaten vergeben werden, also von einem Verein oder Verband (wie IP-Suisse oder Bio Suisse), einer Arbeitsgruppe oder von Eigenmarken von Unternehmen (z.B. Naturaplan von Coop). Diese Eigenmarken können auf Packungen darum zusammen mit einem Bio-Label im Co-Branding erscheinen, z.B. mit der Knospe von Bio Suisse.

Bedeuten verschiedene Labels auch verschiedene Dinge?

Das ist tatsächlich der Knackpunkt: Die in der Schweiz erhältlichen Labels entsprechen verschiedenen Richtlinien, die auch verschieden streng sind. Kompliziert ist auch, dass Eigenmarken von Lidl, Migros & Co. in verschiedenen Varianten erscheinen, die verschiedenen Zertifizierungsstandards entsprechen. Im Folgenden geben wir dir einen Überblick über diese Standards und die dazugehörigen Labels.

Produkte nach den Bio-Richtlinien der EU

Ob bei Migros, Coop, Aldi oder Lidl: Das grüne Siegel mit weissen Sternen ist auch auf Produkten in Schweizer Läden mehr und mehr zu finden. Das bedeutet das Bio-Label der EU:

  • Keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel
  • Eingeschränkte Anwendung mineralischer Dünger
  • Es dürfen maximal 0,9 % gentechnisch veränderte Bestandteile im Produkt enthalten sein
  • Mindestens 95 % der Zutaten eines Produkts müssen aus biologischem Anbau stammen, resp. max. 5 % dürfen konventionell erzeugt worden sein
  • Tierfütterung ohne Antibiotika oder Tiermehl
  • Keine wachstumsfördernden Stoffe in der Tierhaltung
  • Bestrahlungsverbot der Lebensmittel

Das EU-Bio-Label stellt jedoch in Bereichen wie Bewässerung, Biodiversität, Klima und Soziales nur wenige bis gar keine Anforderungen. Richtlinien zu Verpackung, fairem Handel oder Nachhaltigkeit in der Verarbeitung gibt es nicht. Darum schneidet es schlechter ab als andere Biostandards.

Folgende Labels der Verteiler entsprechen der EU-Bio-Verordnung
Aldi: Nature Active Bio
Spar: Natur Pur (für importierte Produkte)
Denner: Ener Bio

Migros: Migros Bio
(für importierte oder verarbeitete Produkte. Zusatzauflagen wie z.B. Verbot von Flugtransporten)

Lidl: Bio Organic (mit EU-Bio Logo), für importierte Produkte

Produkte gemäss integrierter Produktion (IP Suisse)

Es ist weit bekannt: Das Label mit dem roten Marienkäfer. Es stammt von IP Suisse und kennzeichnet Schweizer Produkte aus «integrierter Produktion». Diese entsprechen noch nicht Bio-Standards: Mineralische Dünger sowie gewisse Herbizide sind erlaubt, Futtergetreide darf intensiv produziert werden. Die Richtlinien sind aber dennoch bereits strenger als die der konventionellen Landwirtschaft:

  • Der Einsatz von chemisch-synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln ist eingeschränkt oder verboten
  • Wachstumsregulatoren, chemische Fungizide und Insektizide sind nicht erlaubt
  • Kein Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen oder Haltung gentechnisch veränderter Tiere
  • Es müssen Massnahmen zum Erhalt der Biodiversität und zum Ressourcenschutz angewandt werden
  • Produktion und Verarbeitung finden ausschliesslich in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein statt.
Folgende Labels der Verteiler entsprechen der EU-Bio-Verordnung
Aldi: Nature Suisse
Migros: Terra Suisse
(mit zusätzlichen Vorschriften bei Sozialem, Verpackungen u.a.)

Produkte nach den Richtlinien von Bio Suisse

Du kennst sie sicher: die weisse Knospe auf grünem Grund. Sie stammt von Bio Suisse, dem Dachverband der Organisationen der biologischen Landwirtschaft in der Schweiz. Die Anforderungen der Knospe sind höher als die gesetzlichen Anforderungen an Bio-Produkte der Schweiz; generell ist der Bio-Standard von Bio Suisse einer der höchsten weltweit. Dazu gehören:

  • Der gesamte Betrieb ist biologisch geführt
  • Sämtliche Zutaten in einem Knospe-Produkt entsprechen den Bio Suisse-Richtlinien (mit wenigen Ausnahmen, wenn eine Zutat nicht in Knospe-Qualität, sondern «nur» in bio erhältlich ist)
  • Keinerlei Gentechnik
  • Keine synthetischen Aroma- und Farbstoffe oder künstliche Vitamine
  • Schonende Verarbeitung (z.B. keine Mehrfach-Pasteurisierung von Milch)
  • Düngung, Fruchtfolge und Pflanzenschutzmittel unterliegen strengen Bestimmungen
  • Viel Auslauf für Tiere im Sommer und im Winter, standort- und artgerechte Fütterung (graslandbasiert)
  • Soziale Vorgaben bei den Arbeitsbedingungen, Richtlinien für faire Handelsbeziehungen
  • Vorgaben für das Verpackungsmaterial
  • Einbezug einer Nachhaltigkeits- und Klimastrategie: Flugtransporte sind verboten, Gewächshäuser dürfen nur eingeschränkt beheizt werden. Importiert werden darf nur, was in der Schweiz nicht oder nicht in genügender Menge wächst
  • Keine Rodung von Urwald für Zutaten aus Übersee
  • Kein Spritzen von Unkraut, auch nicht mit biologischen Mitteln (Entfernen von Hand)
  • Gezieltes Fördern der Biodiversität mittels ökologischer Ausgleichsflächen und anderen Massnahmen
  • Strenge produktspezifische Vorgaben zu Verarbeitungsverfahren und Zusatzstoffen
  • Vorgaben für Verpackungsmaterial

Es gibt zwei Labels vom Verband Bio Suisse: Die Bio Knospe für Produkte, die über 10 % an importierten Rohstoffen enthalten, und die Bio Suisse Knospe mit Schweizer Kreuz für Produkte, deren Zutaten zu mindestens 90 % aus der Schweiz stammen.

Folgende Labels der Verteiler entsprechen den Knospe-Richtlinien
Coop: Naturaplan
(sowohl bei Schweizer als auch bei den allermeisten Import-Produkten)
Migros: Migros Bio Schweiz
(mit Schweizerkreuz), bei unverarbeiteten Lebensmitteln aus der Schweiz
Lidl: Bio Organic
(mit Schweizer Kreuz)
Aldi: Nature Suisse Bio
Manor: bio natur plus

Und was ist mit Labels wie Claro und Max Havelaar ?

Max Havelaar ist vor allem ein Fairtrade-Label: Dabei steht der faire Handel von Produkten nach den Richtlinien von Fairtrade International im Vordergrund. Hierzu gehören u.a. die Bezahlung von Mindestpreisen und einer Fairtrade-Prämie. Für die Produktion gelten unterschiedliche Richtlinien. Die Umweltauflagen sind weniger streng als bei anderen Labels.

Claro steht ebenfalls für fair gehandelte Produkte gemäss den Richtlinien von Fairtrade International. Sie stammen aus rund 200 gezielt geförderten Kleinbauern-Kooperativen aus dem globalen Süden. Rund 75 % der Produkte entsprechen zusätzlich der EU-Bio-Verordnung.

Demeter: Was ist der Unterschied zwischen Bio und Biodynamisch?

Demeter-Produkte entsprechen nicht nur den Richtlinien von Bio Suisse, sondern auch denen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft:

  • Gepflanzt und geerntet wird nach dem biodynamischen Kalender, der u.a. die Mondphasen berücksichtigt. Sogenannte bio-dynamische Präparate aus natürlichen Substanzen sorgen für Wachstum und Qualität der Pflanzen
  • Tierhaltung ist für die Betriebe obligatorisch – sie liefern Dünger für die Landwirtschaft und erhalten vom Hof produziertes Futter
  • Kühe werden nicht enthornt
  • Zusatzstoffe werden auf ein absolutes Minimum reduziert
  • Chemische Verarbeitung, Bestrahlung und Mikrowellenbehandlung sind in der Verarbeitung tabu
  • Die Verarbeitung ist schonend, mit noch weniger erlaubten Schritten (z.B. darf Demeter-Milch weder homogenisiert noch ultrahocherhitzt werden)
  • Nur das Flugverbot, wie es bei Bio Suisse besteht, ist bei Demeter in Ausnahmen aufgehoben

Wir hoffen, wir konnten mit diesem Beitrag zumindest einige Fragen beantworten. Was hältst Du vom Label-Salat in der Schweiz? Wir freuen uns über Dein Feedback.

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