Joe Willi steht hinter einem Mobility-Auto.

«Wir brauchen neue Lebenskonzepte, nicht nur neue Antriebe»

Er ist das personifizierte Carsharing: Joe Willi macht nach 27 Jahren bei Mobility und ihren Vorgängerfirmen Platz für Jüngere und tritt in den wohlverdienten Ruhestand. Vorher wollen wir von ihm wissen, wie Mobility gross wurde, wie er die Mobilität der Zukunft sieht und auf was er sich im neuen Lebensabschnitt am meisten freut.

31.03.2021

  • Mobility

Drei Jahrzehnte Mobility. Hat es dich nie gereizt, mal was anderes zu sehen?

Eigentlich nicht. Es gibt ein gutes Lebensgefühl, in einer Organisation zu arbeiten, wo das Geld in der Firma bleibt und wo Entscheidungen weitgehend nachvollziehbar sind. Ausserdem finde ich es toll, sich für eine Idee zu engagieren, bei der das Mehr weniger und das Weniger mehr bedeutet.

Kannst du genauer erklären, was du damit meinst?

Ja, klar: Je mehr Carsharing, desto weniger Privatautos und Verkehrsbelastung. Und dies wiederum bedeutet mehr Lebensqualität für uns alle.

Ein Bild aus frühen Tagen zeigt dich beim Telefonieren auf einem Schiff. Was hat es damit auf sich?

1992 führte ich die telefonische Reservation auf ein zentrales Handy ein. Das war ein Quantensprung, denn vorher mussten unsere Kunden die Autos im Voraus und am jeweiligen Standort reservieren gehen – auf Papierlisten, welche wir einsammelten und manuell erfassten. Allerdings waren wir zu wenig Mitarbeitende, um die Anrufe jeden Tag zwischen 8 und 22 Uhr entgegenzunehmen. So blieb dieser Job häufig an mir hängen, auch mal in der Freizeit oder während Geschäftsterminen. Zum Beispiel hier während eines Geschäftsapéros auf einem Vierwaldstättersee-Dampfer.

Joe Willi nimmt auf Schiff Reservation entgegen

Der noch grössere Quantensprung war sicherlich die Digitalisierung.

Richtig. Glücklicherweise waren wir früh mit dabei, denn nur so konnte Carsharing überhaupt massentauglich werden. Schon 1997 bauten wir die ersten eigenen Bordcomputer für Touch-Keys oder später RFID-Karten in die Autos ein. Im Zusammenspiel mit diesem Zutrittsmedium konnten wir den Fahrzeug-Zutritt kontrollieren und die Fahrtdaten systemisch erfassen, was die Grundlage für alle weiteren Entwicklungen wie Buchungen per Internet oder Smartphones war.

« «Vielleicht wird mein Traum irgendwann doch noch wahr, dass jedes zehnte Auto ein rotes ist.» »
Joe Willi

Wo geht die Reise für Carsharing deiner Meinung nach noch hin?

Selbstfahrende Fahrzeuge werden eine wichtige Rolle spielen. Die Innenstädte jedoch gehören langfristig den Fussgängerinnen und Fussgängern sowie den Radlern. Wir sollten Carsharing daher neu denken: Es sollte wieder Teil von nachhaltigen Lebensentwürfen werden.

Nachhaltig sind auch Elektroautos. Was hältst du davon, dass Mobility in Zukunft voll darauf setzt?

Das freut mich und ist eine gute Idee. Doch jedes Fahrzeug, egal ob Elektro oder selbstfahrend, braucht Strassen, Platz und Energie. Ich denke deshalb, wir als Gesellschaft benötigen neue Lebenskonzepte, neue Raumstrukturen sowie stabile Systeme. Zum Beispiel die 15-Minuten-Stadt, die alles Notwendige innert kürzester Distanz bietet.

Nicht nur punkto Mobilität, auch sonst hast du vorausgedacht. Wir haben gehört, du seist ein früher Vorreiter des Vaterschaftsurlaubes gewesen?

Sozusagen (lacht). Als Geschäftsführer schrieb ich mir kurzerhand ungefragt einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub pro Geburt in mein eigenes Anstellungsreglement.

« «Ich bin gespannt, wie es sich anfühlen wird, nie mehr Ferien zu haben.» »

Nun steht ein ganz neuer Lebensabschnitt bevor. Was überwiegt: Freude oder Respekt?

Das hält sich die Waage. Ich bin gespannt, wie es sich anfühlen wird, nie mehr Ferien zu haben. Corona und das damit verbundene Homeoffice boten mir aber eine gute Übergangszeit, um mich daran zu gewöhnen.

Hast du Pläne?

Ich habe nichts Grosses nachzuholen. Mein Ziel ist es, mich nicht durch Hobbys stressen zu lassen und dem nachzugehen, was mir schon immer Abwechslung und Erholung brachte. Vom Mittelaltermarkt in Luzern, von Yoga, Kaffeerösten, Arbeiten mit Ton über Auslandaufenthalte und Veloreisen gibt’s da so einiges. Natürlich immer abhängig von meiner Gesundheit.

Genau diese Gesundheit wünschen wir dir, Joe, und danken dir für deinen tollen Einsatz für Mobility!

Das wünsche ich euch ebenso. Bleibt dran. Vielleicht wird mein Traum irgendwann ja doch noch wahr, dass jedes zehnte Auto auf der Strasse ein rotes ist.

Joe Willi (65) ist ein Carsharer der ersten Stunde. Er war der erste angestellte Geschäftsführer bei Mobilitys Vorgängerorganisation ATG, dann in der Geschäftsleitung von ShareCom und nahm bei Mobility verschiedene Kaderpositionen in den Bereichen Kundendienst, Backoffice und Betriebssoftware ein. Nach 27 Jahren wird er Ende März 2021 pensioniert.

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