Ist die Autoprüfung out?

 Lange war das «Auto-Billett» ein Statussymbol für Freiheit und Unabhängigkeit, das man so früh wie möglich in der Tasche haben wollte. Seit den 90ern jedoch sinkt der Anteil an jungen Menschen mit Fahrausweis deutlich. Stellt sich die Frage: Ist das grundsätzlicher Verzicht? Oder macht man den Fahrausweis einfach später? 

17.02.2021

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Es war jahrzehntelang der Traum vieler junger Menschen: Frühstmöglich das Auto-Permis machen, einen Occasions-VW kaufen und mit Freunden ab in den Italienurlaub düsen.

Das war einmal. Die Prioritäten verschieben sich, belegen Zahlen des Bundes: Zwischen 1994 und 2019 sank der Anteil an Unter-25-Jährigen mit Führerschein um satte 13%. Ein Trend, dem verschiedene Faktoren zugrunde liegen.

Anteil 18-24-Jähriger im Besitz des Fahrausweises seit 1994 (Schweiz, Personenwagen Kat. B):

JahrAnteil
199471%
200067%
201059%
201958%

Grund 1: Die Autoprüfung ist teuer und zeitintensiv

Weisst du noch, wie viele Fahrstunden du bis zur Prüfung benötigt hast? Heutzutage sind es durchschnittlich 20 bis 30 – natürlich abhängig davon, ob man in den verkehrstechnisch komplizierteren Städten fahren lernt oder in ländlichen Gebieten. So oder so kostet ein Führerschein schnell einmal zwischen CHF 3’000 bis CHF 4‘000. Für viele junge Menschen eine grosse finanzielle Hürde; umso mehr, als dass die schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten immer länger dauern und somit auch der erste Lohn immer später aufs Konto fliesst.

Zudem kostet das Üben auf der Strasse nicht nur Geld, sondern auch Zeit: Die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU (Bern) empfiehlt 3‘000 km begleitete Übungsfahrten, umgerechnet 11 Mal die Strecke Zürich-Genf.

« 3'000 km Übungsfahrten sind empfohlen. »

Grund 2: Der ÖV ist immer besser ausgebaut

Taktverdichtung, Nachtzüge oder Jugend-Abos sind nur einige der Stichworte, die den ständigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs vor Augen führen. Und die Schweizerinnen und Schweizer springen auf diesen Ausbau an: Die ÖV-Nutzung steigt, und mit ihr die Zahl an verkauften GAs. Zudem hat es praktische Vorteile, sich fahren zu lassen statt selber am Steuer zu sitzen: «Im Tram kann ich mit meinen Studienkollegen quatschen» oder «im Zug kann ich relaxen, Musik hören und chatten» sind Aussagen, die viele unterschreiben dürften.

Grund 3: ÖV und Fusswege beliebt, Auto und Velo rückläufig

Die Art und Weise, wie man sich im Alltag bewegt, hat sich seit 1994 besonders bei den 16- bis 20-Jährigen deutlich gewandelt. Heute stehen ÖV und Fusswege im Zentrum, während Auto, Motorrad und Velo an Boden verlieren – allerdings unterschiedlich stark.

Veränderungen der Verkehrsmittelwahl zwischen 1994 und 2015 (Schweiz, 16-20-Jährige, Inlandwege):

  • Zu Fuss + 29%
  • Velo - 64%
  • ÖV + 42%
  • Auto/Motorrad - 7%

Quelle: BFS/ARE, Mikrozensen „Mobilität und Verkehr“

Gerade die Velo-Zahlen – mit einem Sinkflug um fast zwei Drittel – mögen erstaunen. Doch es gibt nachvollziehbare Treiber dafür. Erstens setzt man sich oft lieber in den nächsten Bus, statt selber in die Pedale zu treten. Zweitens ist es gerade für junge Menschen wichtig, möglichst viel soziale Zeit miteinander zu verbringen. Zu Fuss miteinander zu quatschen geht deutlich einfacher als auf Fahrrädern. Drittens spielen die Gefahren des Strassenverkehrs sowie Diebstahl-/Vandalismusgefahr eine Rolle, genauso wie «Elterntaxis», die ihren Nachwuchs vermehrt von A nach B kutschieren. Und viertens rechnet die Statistik des Bundes die Mikromobilität (z.B. Kickboards) nicht bei den Velos mit ein, sondern bei den Fusswegen. Allerdings gibt es derzeit auch starke Gegentrends, die für die Drahtesel sprechen: So schwingen sich in Zeiten Coronas wieder viel mehr Leute in den Sattel. Und Elektrovelos boomen seit Längerem. Es wird also spannend zu sehen sein, wo die Reise hingeht.

Grund 4: Das Statussymbol Auto ist keines mehr

Verschiedene Studien zeigen: Das Auto ist gerade für Jugendliche kein Statussymbol mehr. Das Smartphone und Social-Media-Plattformen sind wichtiger als Karossen und der Führerschein.

« Der Trend geht in Richtung Alter 25. »

Führerschein ja, aber später

Du siehst: Es gibt Gründe, weshalb junge Menschen den Fahrschulen nicht mehr die Tür einrennen. Von einem grundsätzlichen Verzicht auf das Billet kann jedoch nicht die Rede sein. «Es handelt sich viel eher um einen aufgeschobenen Erwerb des Autoführerscheins», schreibt Mobilitätsforscher Daniel Sauter in seiner Studie «Mobilität von Kindern und Jugendlichen (2019)». Dies bestätigt auch Bruno Schlegel, Verantwortlicher der Kommission Auto beim Schweizerischen Fahrlehrerverband SFV: «Innerhalb der statistischen Altersspannweite von 18 bis 24 Jahren geht der Trend klar in Richtung der oberen Grenze von 24 Jahren.» In grösseren Schweizer Städten, wo heute dank starkem ÖV-Netz nur noch jeder zweite Haushalt über ein Auto verfügt, ist dieser Trend speziell ausgeprägt. Ob die neue Regelung, die bereits 17-Jährige ans Steuer lässt, daran etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Genauso, ob das Plus von 6% an jungen Neulenkenden im 2019 nur ein Ausreisser gegen oben war oder ob es tatsächlich eine Trendumkehr bedeutet.

Mobility springt mit Lernfahrer-Angebot in die Bresche

Weil immer weniger Haushalte Autos besitzen, haben viele Lernfahrer/innen Mühe, zu den benötigten Übungsfahrten zu kommen. Hier setzt das Mobility-Lernfahrer-Abo an: «22'000 Schweizerinnen und Schweizer haben sich in den letzten sechs Jahren mit Mobility auf die Prüfung vorbereitet», freut sich Unternehmenssprecher Patrick Eigenmann. Mit den Carsharing-Autos sei man dort präsent, wo sie die Jungen am meisten bräuchten: «In den Städten. Wir glauben deshalb fest daran, dass das Lernfahrer-Abo auch in Zukunft vielen weiteren Menschen wie gerufen kommt.»


Quellen u.a. astra.admin.ch / nzz.ch / swissinfo.ch / srf.ch / rp-online.de / Daniel Sauter, Urban Mobility Research (div. Studien)

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