«Lueg zu dir»: Selfcare im Corona-Winter

Die dunkle, kalte Jahreszeit kann es in sich haben – gerade in Kombination mit den Umständen von Covid-19. Wie schlägt sich das auf unsere Psyche nieder? Und was hilft? Wir fragen Experten.

20.01.2021

  • Lifestyle

Weiche Schneewehen, Lichtermeere, kuschlige Pullis und selig lächelnde Menschen. Der Winter kann sehr hübsch sein – zumindest im Katalog. Aber da sind auch Matsch und Kälte, Dunkelheit und Müdigkeit. Und dieses Jahr vor allem eines: Covid-19. Und somit Kontaktbeschränkungen, geschlossene Treffpunkte und eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten. Deshalb ist die aktuelle kalte Jahreszeit mindestens so herausfordernd wie schön.

Die psychische Belastung steigt

Das bestätigt das Sorgentelefon der Dargebotenen Hand. «Wir verzeichnen seit Beginn der Corona-Krise einen wellenartigen Anstieg von Anrufen», erklärt Matthias Herren, Stellenleiter in Zürich. «Dies jeweils am stärksten zum Zeitpunkt von Covid-19-Lockerungen. Also dann, wenn die Leute sehen, dass ihre privaten Probleme trotz sinkenden Infektionszahlen nicht einfach verschwunden sind, sondern sich je nachdem sogar verschärft haben.» Häusliche Enge, Kontaktverlust, wirtschaftliche Unsicherheit, Jobverlust und Stellensuche seien die häufigsten Themen, die die Anrufer beschäftigten. Genauso wie eine generelle Unsicherheit im Zusammenhang mit Covid-19, die schwer aufs Gemüt schlagen kann: «Die Corona-Pandemie ist eine Grundbelastung, von der wir alle betroffen sind, und die bereits vorhandene Probleme verstärken kann», weiss Herren. So haben Anrufe, die mit psychischen Leiden und depressiven Verstimmungen zusammenhängen, um zwölf Prozent zugenommen. «Die Bevölkerung leidet», fasst Herren zusammen. Umso wichtiger ist es, die eigene Gefühlslage ernst zu nehmen und sich bei Bedarf Unterstützung zu holen – sei es bei einer Hotline oder einer Therapeutin.

FĂĽr sich selbst sorgen

Damit es nicht so weit kommt, lohnt es sich, möglichst viel für sich und sein Wohlergehen zu tun: Selbstfürsorge ist das Schlüsselwort. Sie ist wichtig in allen Lebenslagen und Jahreszeiten, vor allem aber im Winter. Warum? «Das beginnt schon beim Wetter», meint Psychotherapeutin Felizitas Ambauen. «Durch das verminderte Tageslicht werden weniger Stoffe im Gehirn produziert, die Glücksgefühle auslösen.» Darum empfiehlt sie, möglichst viel Licht zu tanken – sei es auf Spaziergängen (siehe Mobility-Ausflugstipps) oder mittels einer Tageslichtlampe (siehe Selfcare-Tipps).

« SelbstfĂĽrsorge ist das SchlĂĽsselwort: Tue dir Gutes! »

Bonus beim Spaziergang: Man tut etwas gegen den im Winter meist trägeren und ungünstigeren Lebensstil. «Regelmässige Bewegung regt auf natürliche Weise an und wirkt ebenfalls gegen den Winterblues», erklärt Ambauen. Sie empfiehlt, Bewegung zu einem morgendlichen Ritual zu machen; zum Beispiel, indem man einen Teil des Arbeitswegs zu Fuss zurücklegt.

Bewusst Kontakt halten

Die kalte Jahreszeit wirkt auch auf unser Zusammenleben. Einerseits durch häusliche Enge, die sich aktuell durch Homeoffice verschärft. «Im Sommer fällt es uns meist leichter, unsere Emotionen zu regulieren und ausgeglichen zu sein», weiss Felizitas Ambauen. Andererseits verstärken die Covid-19-Kontaktbeschränkungen die soziale Isolation. «Wir sind eine soziale Spezies. Isolation macht irgendwann krank – je nachdem, wie eine Person gestrickt ist, früher oder später», gibt die Psychotherapeutin zu bedenken. Auch könne die Unabsehbarkeit dieser Situation zu Frust oder gar Resignation führen. Ihre Empfehlung lautet, umso bewusster und kreativer für Kontakt zu sorgen – auch wenn dieser virtuell stattfindet. «Tu dich mit deinen Liebsten zusammen, sei es per Skype oder zu einem Apéro via Zoom», rät die 39-Jährige. Denn: «Positive Beziehungen tun der Seele gut und wirken Ängsten entgegen.»

Lachen – und nach vorne blicken

Ein weiterer Teil von Selbstfürsorge ist, immer wieder bewusst Fröhlichkeit in sein Leben einzuladen. «Humor ist tatsächlich eine ganz wunderbare Möglichkeit, die Situation weniger schwer zu nehmen. Eine lustige Netflix-Serie etwa kann Wunder wirken.» Dabei geht es auch darum, das Bewusstsein nicht mehr als nötig auf Ängste und Sorgen zu lenken. Dazu zählt auch, in die Zukunft zu blicken, meint Ambauen: «Auch wenn die Massnahmen noch andauern: Irgendwann werden sie wieder gelockert und der Normalzustand kehrt zurück.» Und auf das freuen wir uns sicher alle.

Du willst mehr dazu wissen, was du fĂĽr dich selbst und gegen den Corona-Winterblues tun kannst? Die besten Tipps haben wir fĂĽr dich in diesem Artikel zusammengefasst.

Felizitas Ambauen ist Psycho- und Paartherapeutin in eigener Praxis in Nidwalden (www.ambauen-psychologie.com). In ihrem Podcast «Beziehungskosmos» behandelt sie auch Themen wie SelbstfĂĽrsorge oder Einsamkeit.

Felizitas Ambauen

Matthias Herren ist Stellenleiter der Dargebotenen Hand Zürich. Die Dargebotene Hand bietet Raum, Sorgen und Ängste anonym aussprechen zu können ­– sei es telefonisch (143), per E-Mail oder Chat. Sie kann auf Wunsch auch an weitere geeignete Hilfsangebote weiterleiten.

Matthias Herren

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